Bildungsurlaub
Ist man erst einmal im Beruf angekommen, gehört Lernen, wie man es aus der Schule oder der Ausbildung kennt, oft der Vergangenheit an. Doch viele verzichten nicht aus Bequemlichkeit, sondern weil schlichtweg die Zeit fehlt. Dass Arbeitnehmer in einigen Ländern Anspruch auf Bildungsurlaub haben, wissen die wenigsten.
von Charlotte Ruzanski
Bildungsurlaub. Weiterbildung neben dem Beruf ist in vielen Bundeslaendern dank der Regelung fuer Bildungsurlaub moeglich.
© Ciaran Griffin/thinkstock

Da Bildung Ländersache ist, gibt es keine bundeseinheitliche Regelung zum Bildungsurlaub. Doch inzwischen können in fast allen Bundesländern Arbeitnehmer neben ihrem regulären Urlaub für Weiterbildungen einige Tage freinehmen.

Info

Kein Recht auf Bildungsurlaub haben Angestellte in Bayern, Thüringen und Sachsen.

Obwohl jeder Angestellte Anspruch auf Bildungsurlaub oder auch „Berufsfreistellung“ hat, nehmen schätzungsweise nur ein bis drei Prozent die Möglichkeit zur Fortbildung in Anspruch. Das mag zu einen daran liegen, dass viele diese Regelung gar nicht kennen, zum anderen aber auch daran, dass der Arbeitnehmer die Organisation selbst in die Hand nehmen muss. Und auch der Kostenfaktor mag auf viele abschreckend wirken, denn während des Bildungsurlaubs wird zwar das Gehalt normal weitergezahlt, Kursgebühren, Anfahrt und Übernachtung müssen jedoch aus eigener Tasche beglichen werden. Eine Möglichkeit der finanziellen Unterstützung sind Bildungsprämien, die beantragt werden können. Außerdem ist es lohnenswert, den Arbeitgeber zu fragen, ob er sich an den Kosten beteiligt, da manche Länder den Betrieben einen Zuschuss gewähren, wie etwa eine pauschalierte Erstattung für die Lohnkosten oder einen Pauschalbetrag, der von der Art der Weiterbildung anhängig ist.

Beruf, Politik und Ehrenamt

Bei den wenigen, die ihren Bildungsurlaub nehmen, liegt der Fokus vor allem auf berufsnahen Fortbildungen. Generell jedoch kann Bildungsurlaub für Fortbildungen in den drei Bereichen: Beruf, Politik und Ehrenamt, wobei nicht alle Bundesländer auch alle drei Bereiche gleichermaßen zulassen.

Wer in den Bildungsurlaub gehen will, kann sich pro Jahr fünf Tage, oder alle zwei Jahre zehn Tage von der Arbeit freistellen lassen. Wurde allerdings zwei Jahre kein Bildungsurlaub genommen, verfällt der Anspruch auf die nicht genutzten Tage. Diese Regelung stellt sicher, dass sich Arbeitnehmer nicht plötzlich für zwei Monate freistellen lassen, weil sie in den letzten Jahren keinen Bildungsurlaub genommen haben. Wie die Tage aufgeteilt werden können, ist von Land zu Land unterschiedlich. Während beispielsweise in Bremen auch nur ein Tag genommen werden kann, ist eine Splittung der fünf Tage in Hessen nicht möglich.

Bildung für alle

Unabhängig von der Art der Beschäftigung oder der Stundenzahl hat jeder Angestellte Anspruch auf Bildungsurlaub. Beamte müssen allerdings beachten, dass für sie in manchen Fälle Sonderregelungen gelten; Lehrer und Professoren dürfen auch ihren Bildungsurlaub nur in der unterrichtsfreien Zeit nehmen.

Es gelten keine Altersgrenzen. Üblicherweise gilt allerdings in den ersten sechs Monaten nach einer Anstellung eine Urlaubssperre. Auch für Auszubildende gelten in manchen Bundesländern Sonderregelungen.

Verbote gibt es nicht

Der Vorgesetzte muss einem Antrag auf Bildungsurlaub stattgeben und darf den Angestellten aufgrund der Freistellung nicht benachteiligen. Die Entscheidung, welcher Kurs besucht und wie lange Bildungsurlaub in Anspruch genommen wird, darf ebenfalls nicht durch den Chef bestimmt werden. Er hat jedoch das Recht eine Bescheinigung einzufordern, die belegt, dass der Angestellte die Fortbildung besucht hat. Auch bleibt ihm die Möglichkeit, einen Antrag aus betrieblichen Gründen abzulehnen, beispielsweise wenn ein Großauftrag ansteht oder zu dem Zeitpunkt viele Angestellte im Urlaub sind.

Prinzipiell ist es ratsam, den Vorgesetzten so früh wie möglich über den geplanten Bildungsurlaub zu informieren. Spätestens aber sechs Wochen vor Beginn der Veranstaltung muss ein schriftlicher Antrag gestellt werden, der Namen, Inhalt und Dauer der Fortbildung umfasst. Zusätzlich muss nachgewiesen werden, dass es sich bei der Veranstaltung um eine anerkannte Weiterbildung handelt. Die meisten Länder führen Datenbanken, in denen die anerkannten Seminare gelistet sind. Aber auch Seminare, die nicht auf den Listen stehen, können besucht werden. In einem solchen Fall muss man einen Antrag zur Anerkennung des Seminars einreichen.

Sozialer Aufstieg durch Bildungsurlaub?

Besonders für Leiharbeiter mit Migrationshintergrund kann das Angebot nützlich sein. Denn immer wieder scheitert die Übernahme in eine Festanstellung an mangelnden Sprachkenntnissen. Durch das Recht auf Bildungsurlaub wird ihnen – zumindest theoretisch – die Möglichkeit geboten Sprachkurse zu belegen.

Doch es bleibt fragwürdig, ob Bildungsurlaub so tatsächlich zum sozialen Aufstieg verhelfen kann. Denn praktisch steht gerade denen, die besonders profitieren könnten, die Möglichkeit nicht offen, da Fortbildungen teuer sind und in aller Regel aus der eigenen Tasche bezahlt werden müssen.

von Charlotte Ruzanski

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