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Das Ende der Beitragsbemessungsgrenze?
Es wird dieser Tage wieder viel geredet in Deutschland. Über die Schere zwischen arm und reich. Über Ungleichheit und Verteilungsgerechtigkeit. Über gesellschaftliche Solidarität und Chancengleichheit. Es gibt Stellschrauben, an denen man drehen kann, die zur Diskussion stehen. Die Erbschaftssteuer ist eine, der Spitzensteuersatz eine andere. Aber was ist mit der Beitragsbemessungsgrenze?
von Gerrit Wustmann
Das Ende der Beitragsbemessungsgrenze?. Das Ende der Beitragsbemessungsgrenze
© lightkeeper / 123RF

Tatsache ist, dass die Ungleichheit zunimmt. Immer mehr Menschen finden sich am unteren Ende der Einkommensskala, die Mittelschicht erodiert, am Horizont droht der Abstieg in Hartz IV. Zugleich sind selbst während der Eurokrise die Unternehmensgewinne weiter gestiegen. Die Belastungen für Reiche wurden seit Gründung der Bundesrepublik immer weiter reduziert. Der Spitzensteuersatz lag in den Fünfzigern bei 95%. Heute sind es nur noch 42%. Außerdem sind die Steuern auf Erbschaften und Vermögen verschwindend gering. Wer viel hat muss kaum etwas abgeben. Eigentum verpflichtet heute zu gar nichts mehr, es fordert eher dazu auf, sich aus der Solidargemeinschaft zu verabschieden. Auf Dauer kann eine Gesellschaft so nicht existieren.

Bei der Sozialversicherung sieht es ähnlich aus. Wer ein kleines oder mittleres Einkommen hat, zahlt die vollen Abgabensätze. Bei reichen Bundesbürgern macht der Abgabenanteil zur Sozialversicherung nur noch einen Bruchteil des Einkommens aus, prozentual steuern sie weniger bei als Schwache. Der Grund dafür ist die Beitragsbemessungsgrenze. Bei rund 50.000 Euro (Kranken- und Pflegeversicherung) bzw. rund 74.000 Euro (Rentenversicherung) Jahreseinkommen wird der Beitrag eingefroren und steigt nicht mehr weiter. Das ist unsolidarisch und ungerecht, weil die Schwachen stärker belastet werden als die Starken. Auch deshalb steht die Beitragsbemessungsgrenze immer wieder zur Diskussion.

Die Vorschläge reichen von einer Bürgerversicherung, in der jeder einen Pauschalbetrag einzahlen muss, über eine steuerfinanzierte Sozialversicherung bis hin zu ihrer gänzlichen Abschaffung zugunsten privater Vorsorge. Dabei würde es schon genügen, die Beitragsbemessungsgrenze abzuschaffen. Das würde beträchtliche Summen in die Sozialkassen spülen und eine wesentliche Ungerechtigkeit des deutschen Sozialsystems beenden. Außerdem könnten die Beiträge für alle Beteiligten sinken.

Für eine Reform sprachen sich SPD, Linke und Grüne mehrfach aus. Die CDU war meist dagegen – mit teils abenteuerlichen Argumenten. So stehe ohne Beitragsbemessungsgrenze die Höhe der Einzahlung in keinem Verhältnis zur Gegenleistung mehr. Das ist zwar richtig, nur muss sie das individuell auch gar nicht. Denn niemand zahlt für sich persönlich in diese Töpfe ein, sondern für diejenigen in der Gesellschaft, die jetzt gerade krank, pflegebedürftig oder in Rente sind. Wenn alle gemäß ihren Möglichkeiten einzahlen müssten, gäbe es auch keine Schieflage – und zwar trotz des demographischen Wandels und des überbordenden Dumpinglohnsektors.

Die AfD hingegen, die aktuellen Analysen zufolge vor allem in Ostdeutschland von Arbeitslosen und Arbeitern gewählt wird, will ein solidarisches Sozialsystem gleich ganz abschaffen und damit die Spaltung und Ungleichheit noch einmal drastisch verschärfen. Eine „Alternative“ mag das sein. Eine gute aber keinesfalls.

von Gerrit Wustmann

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