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Arbeitsunfall muss zweifelsfrei nachgewiesen werden
Dass ein Umzug tatsächlich für die Arbeit notwendig war, muss bei einem Unfall zwingend nachgewiesen werden. Zu diesem Urteil kam das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (Az. L 3 U 208/12 v. 20. Februar 2014). Für den Verunglückten hat ein solches Urteil weitreichende Folgen. 
von Thomas Schulz
Arbeitsunfall muss zweifelsfrei nachgewiesen werden. Handelt es sich bei einem Unfall um einen Arbeitsunfall, muss das eindeutig nachgewiesen werden.
© Pixabay

Geklagt hatte ein Auszubildender in der Verbundausbildung bei einer Wirtschafts- und Spracheschule. Er war nach dem Unterricht gegen 15.30 Uhr in einem Kaufhaus und stürzte dort auf der Rolltreppe. Bei dem Sturz verletzte er sich schwer durch einen Halswirbelbruch. Seit diesem Zeitpunkt ist er querschnittsgelähmt und sitzt im Rollstuhl.

Ein Unfall mit widersprüchlichen Ursachen

Aus dem Unfall resultierte eine Erinnerungslücke, denn in der ersten Zeit danach konnte er sich nicht daran erinnern, wie es zu dem Unglück kam. Erst Schritt für Schritt kehrte die Erinnerung zurück. Aussagen der Mutter bestätigten, dass er im Kaufhaus Sportschuhe und vor allem ein Hausaufgabenheft kaufen wollte. Das alte Heft war vollgeschrieben, es war aber durch den behindertengerechten Umbau der Wohnung nicht mehr aufzufinden. Der Kläger gab später noch an, sein Auto eilig geparkt zu haben, um dringend die Toilette aufzusuchen. Nur deshalb habe er die Rolltreppe benutzt. Zeugen gaben allerdings zu Protokoll, dass der Kläger beim Aufsuchen des Kaufhauses keine Zeichen von Eile gezeigt hatte. Letztlich waren es vor allem die widersprüchlichen Aussagen, die die Richter daran zweifeln ließen, dass es sich um einen Arbeitsunfall handelte.

Arbeitsunfall nicht nachweisbar

Der Kläger begehrte mit seiner Klage die Feststellung, dass es sich um einen Arbeitsunfall handele, da er sich auf dem Heimweg von der Arbeitsstätte nach Hause befunden habe. Der Besuch im Kaufhaus diente lediglich dazu, sich mit Arbeitsmaterial zu versorgen, das für die Schulausbildung erforderlich sei. Aus diesem Grund liege ein Arbeitsunfall vor, der dem Versicherungsschutz der Berufsgenossenschaft unterliege.

Die Berufsgenossenschaft lehnte das ab. Sie verwies darauf, dass der Kläger schon in der Vergangenheit aufgrund epileptischer Anfälle behandelt worden war. Aus diesem Grund könne nicht bewiesen werden, ob er sich wirklich Arbeitsmaterial für die Schule besorgen oder ob er nicht doch Sportschuhe kaufen wollte. In diesem Fall wäre durch die Berufsgenossenschaft kein Versicherungsschutz gewährt, da diese nur bei Arbeitsunfällen haftet.
Bereits das Sozialgericht Cottbus folgte dieser Auffassung und urteilte, dass ein Arbeitsunfall nicht nachweisbar sei. Deshalb wurde die Klage abgewiesen. Letztlich konnten weder die Mutter des Klägers noch er selbst nachweisen, dass das Hausaufgabenheft dringend erforderlich war.
Der Gang auf die Toilette ist versichert

Im Übrigen argumentierte die Versicherung, dass der Toilettenbesuch auf dem Heimweg grundsätzlich versichert sei. Aufgrund der Aussage des Klägers, das Kaufhaus nur wegen des Einkaufs besucht zu haben, lag wiederum kein schlüssiger Beweis für einen Arbeitsunfall vor. Das Landessozialgericht wies mit dieser Begründung die Berufung des Klägers zurück. Das Urteil ist bereits rechtskräftig, die Möglichkeit der Revision besteht nicht, weil es sich nicht um einen Fall von grundsätzlicher Tragweite handelt. Doch was bedeutet dieses Urteil letztlich für den Kläger?

Keine Leistung der BG zu erwarten

Nachdem das Landessozialgericht die Verantwortlichkeit der Berufsgenossenschaft für diesen komplexen Fall abgelehnt hat, steht dem Kläger keine Unfallrente aufgrund eines Arbeitsunfalls zu. Er ist somit querschnittsgelähmt und kann voraussichtlich seiner früheren Berufstätigkeit nicht mehr nachgehen. Doch eine Unfallrente durch den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung wird nicht gewährt, weil ein Arbeitsunfall nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte. Damit besteht die große Gefahr, dass der Kläger ohne Einkommen ist, weil er möglicherweise keine andere Berufstätigkeit aufnehmen kann.
Im schlimmsten Fall steht der Kläger somit vor den Scherben seiner Existenz, denn wer während der Ausbildung bereits so schwer verunglückt, dass er seinen erlernten Beruf nicht mehr ausüben kann, muss letztlich nach anderen Wegen suchen, ein regelmäßiges Einkommen zu beziehen. Mit einer Erkrankung wie der Querschnittslähmung kann dies sehr schwer werden. Der junge Mensch hat damit vielleicht nur noch die Möglichkeit, soziale Leistungen zu beanspruchen. Doch wie hätte er sich vor dieser Situation schützen können?

Eine frühzeitig private Vorsorge ist erforderlich

Der junge Kläger hätte sich nur mit einer privaten Unfallversicherung absichern können. Diese würde auch greifen, wenn dem Versicherten ein Unfall zustößt, der nicht unmittelbar auf dem Weg von oder zur Arbeit geschieht. Die private Unfallversicherung schützt bei Unfällen im privaten und im beruflichen Umfeld. Anders als die gesetzliche Unfallversicherung bietet sie nicht nur eine Ausschnittsdeckung, sondern einen vollumfänglichen Schutz vor Unfällen, die in der Freizeit, beim Hobby, im Urlaub oder bei der Arbeit passieren.

Welche Leistung umfasst die private Unfallversicherung?

Der Versicherte kann dabei unter anderem eine monatliche Unfallrente abschließen, auch eine Einmalzahlung bei Invalidität wird geleistet. Sie ist vor allem für den behindertengerechten Umbau der Wohnung aufzuwenden, während die Unfallrente eher als regelmäßiges Einkommen zu verstehen ist. Weitere Leistungen der privaten Unfallversicherung können beispielsweise Bergungskosten, Kosten für kosmetische Operationen oder eine Wiedereingliederungshilfe nach einer längeren Krankheitsphase sein.

von Thomas Schulz

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