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Telefonische Zusage ist rechtswirksam
Nach einer telefonischen Zusage ist es nicht mehr möglich, sich auf Einschränkungen zu berufen, die nicht bereits telefonisch geltend gemacht wurden. Das geht aus einem jetzt veröffentlichten Urteil des Amtsgerichts Dülmen hervor. Das Urteil könnte für Verbraucher und für die zukünftige Kommunikation über digitale Medien weitreichende Folgen haben.
von Thomas Schulz
Telefonische Zusage ist rechtswirksam. Ob eine Zusage schriftlich oder telefonisch gegeben wird, hat keine Auswirkung auf die Verbindlichkeit.
© Pixabay

Geklagt hatte eine Versicherte, deren Auto nach einem Unfall beschädigt war und repariert werden sollte. Die Werkstatt hatte mit der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung des Unfallverursachers Kontakt aufgenommen und um eine Kostenübernahmeerklärung gebeten. Daraufhin verlangte der Mitarbeiter des Versicherers einen Kostenvoranschlag und Fotos, die den Schaden am Fahrzeug belegen. Alle Unterlagen wurden dem Mitarbeiter per E-Mail zugeschickt, der Kostenvoranschlag belief sich auf 2.400, – €. Der Versicherer bestätigte die Freigabe der Reparatur und die Übernahme der Kosten bis zu einer Höhe von 3.000, – €. Nach dem Eingang der Rechnung beim Versicherer bezahlte dieser aber nur 1.323,37, – €. Die Autofahrerin klagte in der Folge auf Erstattung des ausstehenden Rechnungsbetrags, den sie vorerst aus eigener Tasche zahlen musste. Das Amtsgericht Dülmen entschied in erster Instanz im Sinne der Klägerin, der Versicherer muss den Rest der ausstehenden Rechnung bezahlen (Az. 3 C 377/12).

Freigabe erfolgte ohne Einschränkungen

Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, dass die Freigabe der Reparaturrechnung ohne zusätzliche Einschränkungen gemacht worden sei. Vielmehr habe der Kostenvoranschlag dem Sachbearbeiter zur Prüfung vorgelegen, die Fotos lagen ihm ebenfalls zur Kenntnis vor. Damit sei eine umfassende Prüfung des Kostenvoranschlags möglich gewesen. Aus Sicht der Geschädigten habe der Mitarbeiter der Versicherung aber erklärt, dass der Schaden bis zu einer Höhe von 3.000, – € gezahlt werden. Es seien explizit keinerlei weitere Einschränkungen vereinbart worden. Der Kläger konnte somit darauf vertrauen, dass der Rechnungsbetrag in voller Höhe übernommen werde, solange die Summe von 3.000, – € nicht überschritten werde.

Digitale Kostenübernahmeerklärung ist bindend

Eine besondere Schriftform sei von beiden Parteien nicht ausgemacht worden. Für den Kläger bestand darüber hinaus keinerlei Anlass, an der Erklärung des Versicherers zu zweifeln oder gar die Verbindlichkeit in Frage zu stellen. Der Versicherer hat gegen das Urteil Berufung eingelegt, diese blieb allerdings ohne Erfolg (Az. 3 S 134/13). Weitere Rechtsmittel sind ausgeschlossen, das Urteil ist somit rechtskräftig. Doch was bedeutet ein solches Urteil für den Versicherten? Und welche Konsequenzen ergeben sich für die Versicherer, die den Austausch von digitalen Informationen offenbar als weniger verpflichtend für sich selbst sehen?

Schriftliche Kommunikation verliert an Bedeutung

Als Versicherter kennt man die Situation: Ein Telefonat mit einem Versicherer ist schnell geführt, eine E-Mail ist mit einem Klick versandt. Die mündliche Kommunikation gewinnt ebenso an Bedeutung wie der digitale Austausch, der Briefversand per Fax oder gar per Post spielt kaum noch eine Rolle. Vor allem die junge Generation, die sogenannten Digital Natives, tauschen sich mit ihrem Versicherer online, per Mail oder sogar im Kundenchat aus. Die Kommunikation über das Netz gewinnt zunehmend an Gewicht, Marketingexperten gehen sogar davon aus, dass die junge Generation nur dann als Kunde zu gewinnen und zu halten ist, wenn die Versicherer auf allen Kanälen gleichermaßen kompetent und zuverlässig mit dem Kunden kommunizieren. Dazu gehört aber auch der Austausch am Telefon oder über E-Mail. Wer ständig mit dem Smartphone oder mit dem Tablett mobil online ist, will auch beim Austausch mit dem Versicherer keine Zeit verlieren und Fragen jederzeit ganz flexibel beantwortet wissen. Für die Versicherer entsteht aus diesem Anspruch eine neue Verpflichtung: Wenn sie junge Kunden gewinnen wollen und ältere Versicherte nicht verlieren möchten, müssen sie sich den neuen Ansprüchen stellen und vor allem die Online-Kommunikation mit ihren Klienten stark ausbauen. Sie darf darüber hinaus keine Zweifel an der Kompetenz und an der Zuverlässigkeit der getätigten Aussagen aufkommen lassen. Insbesondere darf sie nicht den Verdacht entstehen lassen, dass der Austausch von Informationen per E-Mail dazu gedacht ist, weniger verpflichtend oder bindend zu wirken als eine schriftliche Kostenübernahmeerklärung, die auf dem Postweg beim Versicherten ankommt.

Die Zukunft liegt in der digitalen Schadensbearbeitung

Insbesondere muss der Online-Versand von Fotos genauso anerkannt und bindend wirken wie die persönliche Besichtigung vor Ort. Ein Gutachtertermin ist nach einem Unfall also nicht mehr zwingend notwendig, vielmehr reicht es aus, wenn die Reparaturwerkstatt gut erkennbare Fotos macht und den Schaden darauf belegt. Dadurch sind eine effektive Schadensprüfung und eine umgehende Kostenübernahmeerklärung im Interesse des Kunden überhaupt erst möglich. Ein Versicherer, der seine Klienten halten möchte, muss seine internen und externen Prozesse darauf abstimmen und eine verlässliche und schnelle Beantwortung von Online-Anfragen einschließlich der bindenden Abgabe von Kostenübernahmeerklärungen sicherstellen. Dazu können durchaus umfassende Änderungen der Abläufe erforderlich sein.
Die Online-Bearbeitung von Schadensfällen dürfte in Zukunft noch weiter an Bedeutung gewinnen. Die Versicherungslandschaft befindet sich derzeit erst am Anfang der digitalen Bearbeitung von Kundendaten und hat nach heutigem Stand noch einen erheblichen Nachholbedarf. In den kommenden Jahren werden die Versicherer die Digitalisierung ihrer Daten auf ein ganz neues Fundament stellen müssen und dabei einerseits der schnellen und effektiven Bearbeitung gerecht werden und andererseits den steigenden Anforderungen an die Datensicherheit gerecht werden müssen.

Sollte dies nicht gelingen, wird sich der Versicherte zu recht für einen Versicherer entscheiden, der seine Entscheidungswege besser optimiert hat und auf dessen digitale Kostenübernahmeerklärung und auf dessen telefonischer Zusicherung in jeder Hinsicht Verlass ist. Einige Gesellschaften sind bei der Digitalisierung ihrer Schadensbearbeitungsprozesse schon recht weit gediehen, andere haben noch einen erheblichen Nachholbedarf. Vor allem die junge Generation dürfte sich für Versicherer entscheiden, die ihre Hausaufgaben rund um die Digitalisierung von Kundendaten bereits gemacht haben.

von Thomas Schulz

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