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Stromanbieter wechseln: „Man kann hunderte Euro sparen“
Der Strom wird immer teurer, aber lohnt es sich wirklich, den Anbieter zu wechseln? Und was muss man beim Wechsel beachten, damit man wirklich Geld spart? Die Antworten verrät uns Birgit Holfert, Expertin der Verbraucherzentrale Energieberatung, im Interview.
von Gerrit Wustmann
Stromanbieter wechseln: „Man kann hunderte Euro sparen“. Je nach Stromanbieter schwanken die Preise pro Kilowattstunde zwischen 24 und 33 Cent.
© maxuser/thinkstock

BBX: Die Strompreise haben sich in den letzten zehn Jahren nahezu verdoppelt. Viele Menschen hoffen, mit einem Anbieterwechsel Geld sparen zu können. Aber sind spürbare Einsparungen überhaupt möglich? Wir groß sind die Differenzen?

Birgit Holfert, Verbraucherzentrale Energieberatung: Die Unterschiede sind durchaus beträchtlich. Die Preise variieren zwischen 24 und 30, in wenigen Fällen sogar 33 Cent pro Kilowattstunde. Es kommt drauf an, wo man wohnt. Während die Preisspanne in Städten sehr groß sein kann, hat man in ländlichen Regionen weniger Auswahl, da es dort weniger Anbieter gibt, mitunter nur den örtlichen Grundversorger. Teilweise ist es möglich, mit einem Wechsel mehrere hundert Euro im Jahr einzusparen.

Elementar sind der Kilowattstundenpreis und der Grundpreis, nicht Wechselboni und andere Lockangebote.

BBX: Auf den großen Vergleichsportalen wie Verivox finden sich unzählige Kommentare von Nutzern, bei denen der Wechsel alles andere als glatt lief – viele wirken verzweifelt. Das schreckt ab …

Holfert: Unsicheren Kunden empfehlen wir daher, zu uns in die Energieberatung zu kommen. Wie in jeder anderen Branche auch gibt es bei den Stromanbietern seriöse und weniger seriöse Unternehmen. Zum Beispiel gibt es unerfahrene Versorger, die neu am Markt sind, über nur wenig Kompetenz verfügen, mit Dumpingpreisen locken. Aber es gibt eben auch etablierte und kompetente Anbieter mit gutem Service und gutem Preis-Leistungs-Verhältnis. Wir haben darüber einen guten Überblick und können wechselwillige Verbraucher unterstützen und sie auch vor unseriösen Angeboten warnen. Auf den Vergleichsportalen ist es nicht immer ganz einfach, passende Anbieter zu finden, es kommt immer auch drauf an, bei den Auswahlkriterien die richtigen Häkchen zu setzen, um das zu erhalten, was man wünscht.

Vertragslaufzeiten verhindern reibungslosen Wechsel

BBX: Immer wieder suggerieren die Medien, der Wechsel sei ganz einfach – stimmt das? Was kann denn alles schiefgehen?

Holfert: Wenn etwas schiefgeht, liegt das oft auch daran, dass der Kunde seine bisherigen Vertragskonditionen oder die AGB seines Versorgers nicht kennt. Oft verhindert die Vertragslaufzeit einen reibungslosen Wechsel, weil Kündigungsfristen ignoriert werden. Es kommt auch vor, dass es zwischenzeitlich Änderungen in laufenden Verträgen gab und diese nicht beachtet wurden. Oder aber der Kunde war einmal in Zahlungsverzug, erhielt sogar Mahnungen oder Sperrungen. In solchen Fällen kommt es vor, dass der neue Anbieter den Kunden ablehnt. Das darf er. Nur die örtlichen Grundversorger sind verpflichtet, Kunden zu akzeptieren, private Anbieter nicht.

Strompreisentwicklung_in_Deutschland
Die Grafik zeigt, wie sich der Strompreis für Privathaushalte und die Industrie in den letzten Jahren entwickelt hat.

BBX: Worauf muss man besonders achten, wenn man wechseln will?

Holfert: Man sollte sich die Versorger und ihre Konditionen, insbesondere das Kleingedruckte, im Vorfeld genau ansehen. Elementar sind der Kilowattstundenpreis und der Grundpreis, nicht Wechselboni und andere Lockangebote. Versorger mit hohem Bonus haben meist auch hohe kWh-Preise. Wichtig sind auch flexible Vertragslaufzeiten und kurze Kündigungsfristen. Ein Blick auf die Unternehmenswebsite kann auch nicht schaden. Wieviel Transparenz finde ich dort? Wie lange ist das Unternehmen am Markt, wie viele Kunden hat es? Wenn man statt solcher Fakten nur nette Werbung sieht, sollten die Alarmglocken läuten.

BBX: Und wie läuft der Wechsel ab?

Holfert: Im Grunde genügt es, sich bei dem neuen Versorger anzumelden. Wichtig ist, dass alle Daten stimmen, vor allem die Zählernummer, denn über die wird man identifiziert. Daher sollte man sie mehrfach auf Fehler wie Zahlendreher überprüfen. Der neue Anbieter kümmert sich dann um alles Weitere und kündigt den alten Vertrag. Wenn dennoch etwas schiefgehen sollte, stehen immer noch die Verbraucherzentralen zur Verfügung, die im Fall der Fälle auch Rechtsberatung leisten. Sollte man ungerechtfertigte Rechnungen erhalten, darf man nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern muss schriftlich Einspruch erheben, dafür bieten die Verbraucherzentralen auch Musterschreiben an. Aber wenn man die vorher genannten Punkte beachtet hat, sollte es soweit gar nicht kommen.

Entlastungen sind nicht zu erwarten

BBX: Manche Anbieter offerieren Verträge mit recht langen Laufzeiten, bei denen aber Preisstabilität garantiert wird. Lohnt es sich, zu unterschreiben, oder gibt es Nachteile?

Holfert: Nachteile gibt es da eigentlich nicht, außer, dass man relativ lange an einen Vertrag gebunden ist. Es kommt natürlich auch darauf an, wie sich der Strompreis entwickelt, was immer recht schwer vorauszusehen ist. Erwartet man steigende Preise, dann kann sich so eine Preisgarantie lohnen. Auch hier gilt es, den Vertrag genau zu studieren. In einigen Verträgen besteht zum Beispiel bei Umzug kein Kündigungsrecht – man muss dann am neuen Wohnort bei seinem Versorger bleiben, auch wenn es dort günstigere Angebote gäbe.

Von der Politik ist kaum Druck zu erwarten. Denn hohe Strompreise freuen den Finanzminister.

BBX: 2015 soll die EEG-Umlage leicht sinken. Wie schätzen Sie die langfristige Entwicklung der Strompreise ein? Können die Verbraucher auf Entlastung hoffen? Immerhin sind die Börsenstrompreise zur Zeit sehr niedrig, die Unternehmen könnten das doch an ihre Kunden weitergeben.

Holfert: Sie könnten, aber sie tun es nicht. Zwar sind die Einkaufspreise der Versorger nicht unbedingt immer so niedrig wie die aktuellen Börsenpreise, da viele Anbieter auch lange im Voraus einkaufen oder ihren Strom gar nicht von der Börse beziehen, sondern selbst erzeugen, aber gewisse Spielräume gibt es zweifellos. Das merkt man ja schon an der großen Preisspanne am Markt. Aber auch von der Politik ist hier kaum Druck zu erwarten. Denn hohe Strompreise freuen den Finanzminister. Immerhin wird die Mehrwertsteuer nicht nur auf den eigentlichen Strompreis erhoben, sondern auch auf die Abgaben. Das heißt: Wenn die EEG-Umlage steigt, steigt auch der Mehrwertsteueranteil. Diese Regelung an sich ist unverständlich. Aber so oder so lohnt es sich, alle zwei Jahre die eigenen Verträge kritisch zu studieren und sich nach günstigeren Alternativen umzusehen.

von Gerrit Wustmann

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