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„Was ist ein Hahnlochstopfen?“ Im Gespräch mit dem Autor Amir Shaheen
Umzüge können nervenaufreibend sein. Und all die abstrusen Geschichten, die man dabei erlebt, können einen am Tag des Geschehens in den Wahnsinn treiben. Ein paar Monate später kann man meist drüber lachen – und ein Buch davon schreiben.
von Gerrit Wustmann
„Was ist ein Hahnlochstopfen?“ Im Gespräch mit dem Autor Amir Shaheen. Bei einem Umzug kann viel schiefgehen. Aber was am Umzugstag selbst Nerven kostet, bietet spaeter meist Stoff fuer gute Anekdoten, wie der Schriftsteller Amir Shaheen aus eigener Erfahrung weiss.
© humonia/thinkstock
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In seinem Buch „Noch zweimal einpacken bis Südterrasse“ berichtet Shaheen unterhaltsam vom Umzugswahn.

Genau das hat der Kölner Autor Amir Shaheen gemacht. „Noch zweimal einpacken bis Südterrasse“ ist nicht nur unglaublich lustig, sondern auch die perfekte Einstimmung auf den nächsten Umzug. Das Gespräch führte Gerrit Wustmann.

BBX: Es heißt, Umzüge seien ähnlich stressig wie der Verlust von Angehörigen. Du musst es wissen – stimmt das, oder ist das maßlos übertrieben?

Shaheen: Glücklicherweise fehlt mir bislang diese Vergleichsmöglichkeit. Ziemlich genau weiß ich aber mittlerweile, dass es zweierlei Arten Menschen gibt: die mit Nomaden-Gen, die Umzüge mühelos und ohne Komplikationen hinter sich zu bringen scheinen und alle naselang freudig die Wohnung wechseln. Und alle anderen, die selbst beste Vorbereitung und umsichtige, langfristige Planung nicht davor bewahrt, kaum wahrnehmbar in einen Zustand absoluter Machtlosigkeit abzugleiten, den Geschehnissen oder sagen wir, der Inkompetenz und Willkür angeblicher Profis ausgeliefert. Das fängt mitunter schon beim Makler an und hört im Baumarkt lange noch nicht auf.

BBX: Was ist ein Hahnlochstopfen?

Shaheen: Frag doch mal im Baumarkt deines Vertrauens! Im Buch auf Seite 79 wird der Begriff erklärt und geschildert, wie es laufen kann, wenn man infolge Umzug exakt so ein Teil braucht und ahnt, dass es das gibt, aber keine Vorstellung davon hat, wie es wohl heißen könnte. Bemerkenswert, dass gerade dieses Wort immer wieder für große Erheiterung sorgt. Kaum jemand scheint zu wissen, was das ist. Als wäre ich der einzige, der jemals so ein Teil benötigt hat. Die Dinger gibt es im Baumarkt, also muss es ja auch einen Bedarf geben! Vielleicht ist es tabuisiert? Man braucht es zwar, aber man redet nicht gern drüber? Ich hab‘ mal Duden online konsultiert. Der Schlaumeier kannte den Begriff nicht und antwortete prompt mit der Gegenfrage: „Oder meinten Sie: hineinstopfen?“ Nee, meine ich nicht, auch wenn es damit natürlich schon zusammenhängt. Wirklich wissen, was das ist, muss man ja auch nur, wenn in der Küche der neuen Wohnung eine Wandarmatur ist, die alte aber keine hatte.

BBX: Und was gehört sonst noch so zum Basiswissen für einen Umzug?

Shaheen: Heute würde ich sagen: Mindestens das Vaterunser. Noch besser wäre wohl, die Kompetenzbereiche und Sprechzeiten der zuständigen Nothelfer und Heiligen zu kennen. Dann ab in die nächste Kirche und eine Kerze anzünden. Das scheint mir genauso zielführend wie akribische Planung und liefert das gleiche Ergebnis. Oder sogar ein besseres. Es empfiehlt sich auch, bevor man sich in großen Städten wie Köln überhaupt auf Wohnungssuche begibt und womöglich Maklern anvertraut.

BBX: Apropos Makler – wenn man Dein Buch liest, könnte man denken, das seien eher professionelle Umzugs-Verhinderer …

Shaheen: Eigentlich nicht. Die verhindern ja nicht grundsätzlich. Sie haben es bloß in einer attraktiven Stadt wie Köln bislang in der Regel gar nicht nötig, einem Wohnungssuchenden als Kunden zu begegnen und ihn individuell, zuverlässig und schnell zu unterstützen. In Köln reicht es meiner Erfahrung nach offenbar aus, eine Wohnung mit rudimentären oder irreführenden Angaben in die einschlägigen Portale einzustellen oder zu inserieren und dann einfach abzuwarten, was passiert. Angebot und Nachfrage. Bei günstigen Wohnungen stehen zur Besichtigung 100 oder noch mehr Leute auf der Straße, da findet sich der neue Mieter von selbst. Bei hochpreisigen Objekten in guten Lagen sind die Interessenten zwar handverlesen, das übrige Prozedere verläuft ähnlich. Ich vermute, die Makler setzen ihre Kreativität, Energie und Zeit bislang ausschließlich dafür ein, lukrative Objekte von den Vermietern zu ergattern, also dort zu akquirieren.

BBX: Was funktioniert besser: Transporter mieten und Freunde einspannen oder ein professionelles Umzugsunternehmen engagieren?

Shaheen: Ha, ha! Reingefallen – genau wie ich! Dieser Frage liegt ein Denkfehler zugrunde. Das habe ich aber auch erst nach dem letzten Umzug begriffen. Nicht jeder, der eine Leistung gewerblich anbietet, führt diese auch professionell aus. Das kennen wir auch aus anderen Bereichen. Mein Rat: zweigleisig fahren! Umzugsunternehmen beauftragen und zusätzlich Freunde hinzubitten, am besten noch weitere in Alarmbereitschaft haben. So habe ich das beim letzten Umzug gehandhabt, allerdings erst beim zweiten Anlauf. Hätte ich das beim ersten Versuch schon gewusst, wäre es mit dem ersten Unternehmen vermutlich am vereinbarten Termin gelungen. Weil da aber etwas verbockt wurde, war kein Außenaufzug vorhanden und nur ein Mitarbeiter, und ich musste den Umzug verschieben und es eine Woche später mit einem zweiten Unternehmer erneut versuchen. Mit dem war vereinbart: drei Leute am Tag X um 8 Uhr. Um halb neun kam schon mal einer. Vorgefahren in einem kleinen Auto, auf dem stand: Fahrschule! Weil er nämlich gerade seinen Führerschein machte. Wo denn die anderen seien, wollte ich wissen. Der Kollege stecke im Stau, meinte er. Der Kollege? Natürlich habe ich sofort den Chef angerufen. Der bestätigte: „Der dritte konnte leider nicht. Aber machen Sie sich keine Gedanken, die schaffen das auch zu zweit.“ Ja, haben sie, aber nur deshalb, weil sie nicht zu zweit, sondern wir zu viert waren. Mit einem Freund habe ich beim Einladen und Ausladen tatkräftig mit angepackt. Was blieb mir übrig? Ein weiteres Mal verschieben war unmöglich. Die Gewerblichen sind in der Regel versiert im Schleppen. Wer beispielsweise viele Bücher oder sperrige Möbelstücke hat, es reicht schon ein Sofa!, sollte daher keine Freundschaften aufs Spiel setzen.

BBX: Wie oft bist Du denn selbst umgezogen in den letzten Jahren?

Shaheen: Zuletzt 2007 und 2013, jeweils mit gewerblichen Unternehmen. Zuvor bin ich in Köln vier Mal umgezogen, immer mit Freunden und geliehenem Transporter!

BBX: Und wie oft ist es reibungslos verlaufen?

Shaheen: Na, genau vier Mal natürlich!

Das Buch: Amir Shaheen „Noch zweimal einpacken bis Südterrasse“, Sujet Verlag Bremen, 175 Seiten, 12,80 Euro, ISBN 978-3-944201-09-2

von Gerrit Wustmann

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