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Was bringt die Musterfeststellungsklage?
Am 1. November sollen mit der Musterfeststellungsklage die Rechte von Verbrauchern gegenüber Unternehmen gestärkt werden. Fortan können dann Klägergruppen gegen Gegner ins Feld ziehen, die juristisch eigentlich den längeren Atem haben. Wird das funktionieren?
von Gerrit Wustmann
Was bringt die Musterfeststellungsklage?
© seb_ra / iStock

Wenn Verbraucher in Deutschland Konflikte mit größeren Unternehmen haben, ziehen sie meistens den Kürzeren. Das hat mehrere Gründe. Oft ist der Streitwert zu niedrig, so dass es sich kaum lohnt, vor Gericht zu ziehen. Viele Verbraucher schrecken auch vor den potentiell hohen Kosten und dem emotionalen Druck zurück, der mit einem Gerichtsverfahren einhergeht. Zumal das Risiko, zu verlieren, hoch ist. Die Unternehmen können sich die besseren Anwälte leisten, und ihr finanzieller Atem reicht, um auch komplexe Angelegenheiten auszusitzen. Beliebt ist die Taktik, Verfahren so in die Länge zu ziehen, dass dem Kläger irgendwann die Mittel ausgehen. Das ist perfide und ein massives Ungleichgewicht zuungunsten der Verbraucher, das so in einem Rechtsstaat eigentlich nicht existieren dürfte.

Musterfeststellungsklage als Alternative zur Sammelklage?

Umso verständlicher, dass oft der neidische Blick in die USA geht, wo sich geschädigte Verbraucher zu Sammelklagen zusammenschließen können und dann durchaus realistische Chancen haben. Es kommt sogar recht häufig vor, dass US-Gerichte Unternehmen zu beträchtlichen Schadenersatz-Summen verdonnern. Die Sache hat allerdings einen Haken: Solche Sammelklagen sind missbrauchsanfällig und vor allen bei Anwälten beliebt, die sich darauf spezialisiert haben. Oft sacken große Kanzleien große Teile der Entschädigungssummen ein, den eigentlichen Klägern bleiben nur Krümel übrig. Wirklich sinnvoll ist das nicht, zumal es auch in Deutschland ohnehin schon zu viele fragwürdige Geschäftsmodelle für findige Juristen gibt – siehe zum Beispiel die regelmäßigen Abmahn-Skandale.

Die Musterfeststellungsklage, die nach langem Ringen am 1. November endlich in Kraft treten soll, könnte ein Mittelweg sein. Verbraucherschützer jedenfalls nehmen die Neuerung bislang überwiegend positiv auf. Die Idee ist folgende: Klagen können nur bestimmte Verbände, die auf Verbraucherschutz spezialisiert sind. Zum Beispiel die Verbraucherzentralen. Die Zulassung zur Klagebefugnis soll, um Missbrauch zu vermeiden und um zu verhindern, dass ein Geschäftsmodell draus wird, engen Regeln unterworfen sein.

Klageberechtigt sind nur bestimmte Verbände

Um eine Klage anzustoßen müssen sich zunächst mindestens zehn Verbraucher finden, die von demselben Unternehmen auf dieselbe Weise nachweislich geschädigt wurden. Damit es zur Klage kommt, müssen sich dieser Gruppe binnen einer festgelegten Frist mindestens fünfzig weitere Geschädigte anschließen. Vor Gericht wird dann entschieden, ob die Kläger im Recht sind und was ihnen zusteht. Möglich ist aber auch in Vergleich – Unternehmen nutzen dieses Mittel gerne, um einer Verurteilung zuvorzukommen. Ob sich ein Vergleichsangebot lohnt dürfte dann vom klagenden Verband in Absprache mit den Geschädigten abgeklärt und entschieden werden. Es ist davon auszugehen, dass sehr viele Beklagte versuchen werden, diesen Weg zu gehen, denn eine Verurteilung bedeutet immer auch Negativ-PR.

Ein großer Vorteil ergibt sich für Verbraucher daraus, dass sie auf dem Weg der Musterfeststellungsklage kein finanzielles Risiko mehr eingehen und auch nicht mehr direkt am Prozess beteiligt sind (außer als Zeugen). All diese Aspekte obliegen dem klagenden Verband, der die Geschädigten vertritt. Die Beteiligung an einer Musterfeststellungsklage soll für Betroffene kostenlos sein, auch ein Anwalt soll nicht nötig sein, um teilzunehmen bzw. sich als Mit-Kläger registrieren zu lassen. Ob die Musterfeststellungsklage tatsächlich die Position der Verbraucher stärkt, wird sich allerdings in der Praxis erst erweisen müssen.

von Gerrit Wustmann

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