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„Riester-Vertrag muss zur individuellen Situation passen“
Die staatlich geförderte Riester-Rente ist ein Zankapfel: Die einen halten sie für komplett nutzlos, andere sehen in ihr ein nützliches Produkt zur Altersabsicherung. Vermutlich gilt daher auch hier wie bei so Vielem: Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte …
von Gerrit Wustmann
„Riester-Vertrag muss zur individuellen Situation passen“. Die Riester-Rente ist nicht für alle die passende Altersvorsorge. Wann die gefoerderte Rente sinnvoll ist, entscheidet die individuelle Situation.
© Andreas Zierhut/thinkstock

Doch worauf muss man achten? Eignet sich Riestern für Geringverdiener? Und wie kommt man aus schlechten Verträgen wieder raus? Darüber sprach BBX mit Dr. Ralf Scherfling von der Verbraucherzentrale NRW.

BBX: Die Riester-Rente hat einen ziemlich schlechten Ruf. Für wen lohnt sich Riestern überhaupt noch?

Wer die finanzielle Möglichkeit hat, zu sparen, sollte dies auch tun.

Dr. Ralf Scherfling: Grundsätzlich gibt es bei Riester zwei Förderwege: die Zulagen und den Sonderausgabenabzug. Tendenziell können die Zulagen für Familien mit Kindern und für Geringverdiener interessant sein, der Sonderausgabeabzug hingegen für gutverdienende Singles. Ob sich Riester lohnt, muss allerdings in jedem Einzelfall geprüft werden. Die Antwort hängt von vielen Faktoren wie der individuellen Situation und dem jeweiligen Riestervertrag ab. Wer seine Altersvorsorge plant, sollte sich in jedem Fall ausreichend Zeit nehmen und staatlich geförderte Möglichkeiten genauso prüfen wie ungeförderte Produkte.

BBX: Es gibt spezielle Riester-Verträge für Geringverdiener, ist deren Geld nicht unterm Kopfkissen besser aufgehoben, wenn sie überhaupt welches haben?

Scherfling: Für Geringverdiener stellt sich natürlich die Frage, ob Sie später die Grundsicherung im Alter beantragen werden. In dem Fall würde auch eine Riester-Rente angerechnet. Dies ist allerdings keine Besonderheit von Riester, sondern gilt für sämtliche Einkünfte. Da heute niemand weiß, wie hoch die Grundsicherung sein wird, wenn man das Rentenalter erreicht und ob es dieses Konstrukt in dieser Form noch so geben wird, kann die Lösung nicht heißen, von vorneherein auf das Sparen zu verzichten. Wer die finanzielle Möglichkeit hat, zu sparen, sollte dies auch tun. Ob dies über ein Riester-Produkt erfolgt, ist eine andere Frage, die im Einzelfall geprüft werden muss. Das Kopfkissen ist allerdings schon aus Sicherheitsgründen nicht geeignet.

Hohe Abschlusskosten machen Wechsel unattraktiv

BBX: Wenn man merkt, dass sich der eigene Vertrag nicht rechnet, wie kommt man da möglichst verlustfrei wieder raus?

Scherfling: Wer frühzeitig merkt, dass er einen unpassenden Riestervertrag abgeschlossen hat, kann prüfen, ob sich eine Kündigung und gegebenenfalls der Übertrag des Kapitals auf einen besser passenden Vertrag lohnt. Alternativ kann man den alten Vertrag auch beitragsfrei stellen. Bei der Frage, was zu tun ist, kommt es auf den Einzelfall an. Bereits angefallene Kosten wie zum Beispiel Abschlusskosten bekommt man weder bei einer Kündigung, noch bei einer Beitragfreistellung wieder. Bei einem Übertrag des Kapitals auf einen neuen Vertrag fallen noch einmal bis zu 150, – € Wechselkosten an. Außerdem kann der neue Vertrag wieder (hohe) Kosten verursachen. Bei einer Beitragsfreistellung fallen weiterhin Verwaltungskosten an. Daher sollte man genau schauen, welche Option im Einzelfall die beste Lösung ist.

BBX: Worauf muss beim Vertragsabschluss achten? Wo lauern Fallen?

Anleger haben ganz unterschiedliche Ziele und Präferenzen, insofern gibt es hier nicht ‚die‘ beste Möglichkeit.

Scherfling: Der Vertrag muss zur individuellen Situation passen. Beim Produktkauf sollte man keine unnötigen Risiken eingehen, auf die Kosten achten und verschiedene Angebote miteinander vergleichen. Dabei ist es wichtig, alle Vor- und Nachteile, die mit der Geldanlage verbunden sind, gegenüberzustellen. Vor dem Abschluss langfristiger Verträge wie denen zur Altersvorsorge sollte man sich überlegen, ob man in der Lage ist, die Sparraten jahrelang bzw. sogar jahrzehntelang zu leisten. Einen einmal abgeschlossenen Vertrag sollte man regelmäßig dahingehend überprüfen, ob er weiterhin zur eigenen Situation passt und wie die Entwicklung ist.

BBX: Was ist für einen Durchschnittsverdiener die beste Möglichkeit der Altersvorsorge?

Scherfling: Anleger haben ganz unterschiedliche Ziele und Präferenzen, insofern gibt es hier nicht „die“ beste Möglichkeit. Einige Anleger wollen beispielsweise in der Ansparphase staatlich gefördert sparen und orientieren sich deshalb eher in Richtung Riester oder betriebliche Altersvorsorge. Anderen ist die Flexibilität und die geringere Besteuerung in der Rentenphase wichtiger und sie nutzen daher ungeförderte Produkte. Wer eher sicherheitsorientiert ist nutzt beispielsweise Banksparpläne oder Sparbriefe. Chancenorientierte Anleger kaufen vielleicht zum Beispiel Investmentfonds. Wieder andere investieren in Rentenversicherungen. Alle diese Produkte haben unterschiedliche Vor- und Nachteile, so dass im Einzelfall geschaut werden muss, was die „beste“ Möglichkeit ist.

BBX: Mit welchen Vorsorgemodellen gibt es Ihrer Erfahrung nach die größten Probleme und warum?

Scherfling: Wir machen die Erfahrung, dass – unabhängig vom Vorsorgemodell – von Anbietern die Vorteile gerne deutlich herausgestellt werden, die Nachteile hingegen nicht bzw. nicht ausreichend geschildert werden. Probleme gibt es immer dann, wenn sich nach einer gewissen Zeit herausstellt, dass der Vertrag nicht geeignet ist, er aufgrund der persönlichen Lebenssituation nicht dauerhaft bedient werden kann oder er sich aufgrund einer hohen Kostenbelastung nicht zufriedenstellend entwickelt. Dies kann auf Riester genauso zutreffen wie auf die betriebliche Altersvorsorge, Rürup etc. Gerade bei langfristigen Verträgen ist es daher umso wichtiger, sich vor einem Vertragsabschluss hinreichend zu informieren, um ein späteres böses Erwachen zu vermeiden.

von Gerrit Wustmann

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