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Herr Tauber und die Minijobs
„Wenn Sie was ordentliches gelernt haben, dann brauchen Sie keine drei Minijobs“ twitterte CDU-Generalsekretär Peter Tauber. Das Problem ist dabei nichtmal die zur Schau gestellte Unkenntnis des deutschen Arbeitsmarktes. Sondern die Verachtung für alle Menschen ohne gute Ausbildung. Ein Kommentar
von Gerrit Wustmann
Herr Tauber und die Minijobs
© Bartolomiej Pietrzyk / 123rf

Die CDU verspricht im Wahlkampf Vollbeschäftigung. Davon abgesehen, dass diese Phrase längst schon keinen Inhalt mehr hat, kann man davon ausgehen, dass der Partei bewusst ist, wie fernab der Realität dieses Versprechen ist angesichts der Arbeitsmarktentwicklung und dem zu erwartenden Wegfall zehntausender Jobs durch die Digitalisierung im Laufe der nächsten Jahre.

Auf Twitter fragte ein Nutzer, ob er denn bei Vollbeschäftigung dann drei Minijobs bekäme. Er spielt auf die Tatsache an, dass zwar aktuell der Beschäftigungsstand in Deutschland höher ist als je zuvor, faktisch aber die meisten Jobs in den letzten Jahren im Dumpinglohnsektor entstanden sind und viele Menschen mehr als einen Job brauchen, um über die Runden zu kommen. CDU-Generalsekretär Peter Tauber antwortete ihm: „Wenn Sie was ordentliches gelernt haben, dann brauchen Sie keine drei Minijobs.“ Und indem er das auch an die Redaktion der Tageszeitung Die Welt adressierte, ging er sicher, dass die Presse es mitbekommt.

Minijobber oft gut ausgebildet

Gezielte Stimmungsmache, die übel nach hinten losging? Tauber fand sich kurz darauf inmitten eines ausgewachsenen Shitstorms und ruderte halbgar zurück. Er habe niemandem zu nahe treten und niemanden verletzen wollen, der Tweet sei „blöd“ formuliert gewesen. Aber das macht es nicht mehr besser. Der Tweet hat in aller Deutlichkeit gezeigt, warum Taubers Posten einige Nummern zu groß für ihn ist. Er suggeriert, dass man nur dann auf Minijobs angewiesen sei, wenn man nichts gelernt hat – und beweist damit eine erschreckende Unkenntnis und Ignoranz gegenüber der tatsächlichen Arbeitsmarktlage. Fakt ist, dass die Mehrheit der Minijobber gut ausgebildet ist, dass einige sogar studiert haben.

Das eigentliche Problem ist aber ein anderes, es ist nichtmal die Arroganz, die aus dem Tweet spricht. Sondern die Grundhaltung. Tauber suggeriert nämlich, dass Menschen, die keine Ausbildung genossen haben, es auch nicht besser verdient haben, sich folglich mit prekären Arbeitsbedingungen, Löhnen an der Armutsgrenze und der Aussicht auf Altersarmut einfach abfinden sollen. Es ist eine Haltung, der man in der CDU, der FDP und bisweilen auch der SPD immer wieder begegnet und die von völliger Realitätsverweigerung spricht.

Auch Jobs für Ungelernte müssen gemacht werden

Denn zum einen ist längst nicht jeder schuldig an seiner prekären Lage. Es herrscht eben keine Chancengleichheit in Deutschland und kaum soziale Durchlässigkeit im Bildungssystem, das haben Studien zur Genüge nachgewiesen. Es hat einfach nicht jeder Bürger die Chance, eine gute Ausbildung oder gar ein Studium zu absolvieren. Und selbst wenn es so wäre bliebe zum anderen noch die Tatsache, dass es Millionen Jobs gibt, für die keinerlei Ausbildung nötig ist, und die gemacht werden müssen. Auch in Zukunft. Was das Land braucht sind keine Politiker, die die prekäre Lage dieser Menschen zementieren. Sondern solche, die dabei helfen, deren Lage zu verbessern. Dass Ungelernte kaum je Gutverdiener sein werden ist klar. Darum geht es nicht. Aber auch ein ungelernter Arbeitnehmer muss ohne Wenn und Aber am Ende des Monats genug Geld in der Tasche haben, damit ihm keine Existenznöte entstehen. Er muss genug haben um im Alter nicht auf staatliche Unterstützung angewiesen zu sein.

Herr Tauber möge das Thema bitte mal mit jenen diskutieren, die sein Büro reinigen; die im Supermarkt seines Vertrauens die Regale einräumen; ihm seine Post bringen und das Essen, das er bestellt; vielleicht gelingt es ihnen, ihm ein paar Fakten zu vermitteln.

von Gerrit Wustmann

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