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Sozialstaat: Wird Hartz IV abgeschafft?
Seit der Einführung ist das Arbeitslosengeld II, im Volksmund Hartz IV, umstritten. Von der Politik wurde es lange gefeiert, die Betroffenen sehen es als Armutsfalle. Die Wissenschaft stimmt Letzteren zu. Nun ist ein neuer Streit entbrannt. Kommt die Reform der Reform?
von Gerrit Wustmann
Sozialstaat: Wird Hartz IV abgeschafft?
© PeJo29 / iStock

Einer Umfrage des Spiegel zufolge wollen sechs von zehn Menschen in Deutschland Hartz IV abschaffen. Die kontroverse Debatte um das Arbeitslosengeld II wird bereits seit seiner Einführung vor vierzehn Jahren geführt – Politik und Wirtschaft hatten die damaligen Arbeitsmarktreformen trotzdem stets als Erfolg gewertet, obwohl die Wissenschaft ihnen widerspricht. So wurde das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit nicht behoben. Zudem ist das Vorhaben, Arbeitslose wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren, grandios gescheitert.

Hartz IV ist gescheitert

Stattdessen wurde ein gigantischer Dumpinglohnsektor geschaffen, der mit Sanktionsdrohungen gegen Arbeitslose aufrecht erhalten wird. Diese sind gezwungen, nahezu jeden Job anzunehmen, ansonsten werden ihnen die Transferleistungen gekürzt. Hinzu kommt, dass das Existenzminimum, nach dem sich das ALG II richtet, als zu niedrig gilt. Studien ergaben, dass es mindestens um 60 Euro monatlich höher liegen müsste. Das Hatz-System wird darüber hinaus als ungerecht empfunden, weil Menschen, die lange Jahre gearbeitet und eingezahlt haben, schon nach sehr kurzer Zeit mit jenen, die wenig oder nie gearbeitet haben, gleichgestellt werden.

Dass die SPD, die das System maßgeblich zu verantworten hat, es nun reformieren will, könnte ein Lichtblick sein. Es steht aber zu befürchten, dass es der Partei nur darum geht, den an ihr haftenden Makel loszuwerden, um aus dem Umfragetief zu kommen. Darauf deutet, dass SPD-Politiker vor allem den Begriff „Hartz IV“ abwerfen wollen. Er steht wie nichts anderes für die Entfremdung der Partei von ihrer Stammwählerschaft im Arbeitermilieu. Ein Alternativvorschlag, der im Raum steht, ist das sogenannte „solidarische Grundeinkommen“. Dieser ist im Grunde aber bloß ein vom Staat finanziertes Ehrenamt: Arbeitslose sollen verschiedene Tätigkeiten aufnehmen und dafür vom Staat entlohnt werden.

Politik ist über Alternativen zu Hartz IV uneinig

Der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck lehnt dies in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel ab: „Wir werden darüber reden müssen, auch für die Erwerbstätigen ein neues, existenzsicherndes Garantiesystem zu schaffen, das Demütigung durch Ermutigung ersetzt und Anreize für Erwerbsarbeit schafft. Diese Debatte muss jetzt beginnen“, schreibt er. Die Grünen wollen außerdem das Sanktionssystem abschaffen.

Diskutiert wird zwar viel dieser Tage – ob es aber wirklich dazu kommt, dass Hartz IV abgeschafft und durch ein neues System ersetzt wird, ist völlig offen. Die Grünen scheinen Reformen am bestehenden System zu befürworten. Die SPD ist gespalten zwischen der Beibehaltung und der kompletten Abschaffung des ALG II, allerdings ohne bislang tragfähige Alternativen aufzuzeigen. Union und FDP halten sich bislang zurück, es ist davon auszugehen, dass sie keine tiefgreifenden Änderungen wünschen.

von Gerrit Wustmann

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