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Finnland: Bedingungsloses Grundeinkommen im Test
Seit Jahren ist das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) ein heißes Gesprächsthema. Finnland erprobt es nun, um unter realen Verhältnissen zu sehen, ob und wie es funktioniert. In Deutschland bleibt die Abneigung dem Konzept gegenüber hingegen hoch.
von Gerrit Wustmann
Finnland: Bedingungsloses Grundeinkommen im Test
© Qmedia

Die Idee hinter dem finnischen Experiment: Man will herausfinden, ob ein Bedingungsloses Grundeinkommen besser funktioniert als die bisherigen Konzepte von Sozialhilfe und Arbeitslosengeld. Ganz so bedingungslos ist es in dem Feldversuch also erstmal nicht. Denn in den Genuss der Zahlungen kommen nur Menschen, die im Dezember arbeitslos waren. Unter allen als arbeitslos registrierten finnischen Bürgern wurden 2000 Personen ausgelost. Anfang Januar erfuhren diejenigen davon. Das Experiment dauert zunächst zwei Jahre, und das Grundeinkommen ist mit monatlich 560 Euro ziemlich knapp bemessen. Dafür sollen die Empfänger ohne weitere Bedingungen und Abzüge Geld hinzu verdienen können, außerdem bleiben die 560 Euro steuerfrei. Ist der Versuch erfolgreich, soll er ausgeweitet werden.

Grundeinkommen als Anreiz, Arbeit aufzunehmen?

Laut Politikern soll die Maßnahme den Anreiz, Arbeit aufzunehmen, erhöhen. Dazu werden die Probanden letztlich gezwungen sein, denn von 560 Euro monatlich kommt man in Finnland nicht ansatzweise über die Runden. Der Druck auf Arbeitslose wird also erhöht. Das widerspricht dem ursprünglichen Gedanken eines Bedingungslosen Grundeinkommens, wie es beispielsweise dm-Chef Götz Werner propagiert: Im Gespräch sind oft Beträge zwischen 800 und 1200 Euro monatlich. Also eine Summe, mit der man je nach Wohnort durchaus über die Runden kommen kann, wenn man über Miete, Essen und Kleidung hinaus keine nennenswerten Ansprüche hat. Die Entscheidung, eine Arbeit aufzunehmen läge in dem Fall bei jedem Empfänger selbst, ein Zwang fände nicht statt.

An der Idee wird aber kritisiert, dass dieses BGE jeder erhalten würde – der Arbeitslose ebenso wie der Millionär – und es daher ungerecht sei. Ein anderes Konzept ist die „negative Einkommensteuer“: Wer weniger als den Steuerfreibetrag verdient, der erhält eine entsprechende Aufstockung durch das Finanzamt. Einen deutlichen Vorteil haben alle BGE-Konzepte gemein: Sie wären mit deutlich weniger Bürokratie verbunden. Allein durch die Einsparungen in diesem Bereich ließe sich ein beträchtlicher Teil gegenfinanzieren. Zudem würde für Arbeitslose das ständige Gefühl entfallen, kontrolliert zu werden und der Behördenwillkür ausgeliefert zu sein.

Kritiker fürchten, BGE könnte soziale Spaltung vertiefen

Kritiker befürchten hingegen, dass ein BGE soziale Ungleichheiten zementieren könnte und im Gegenzug sich die Flexibilisierung der Arbeitswelt noch verschärfen könnte. „Tausende müssen entlassen werden? Kein Problem, sie fallen ja weich. Unter dem Strich könnte ein Staats-Lohn deshalb dazu führen, dass viel mehr Jobs viel schneller abgebaut werden“, argumentiert Alexandra Borchardt in der SZ.

Und auch der Armutsforscher Christoph Butterwegge ist gegen das BGE. Er befürchtet, dass mit der BGE-Einführung sämtliche bisherigen Sozialleistungen wegfallen und der Kampf um Arbeitsplätze und gerechten Lohn noch härter geführt würde. Damit würde das BGE für größere soziale Ungerechtigkeit sorgen. Auch die Entmachtung der Gewerkschaften sieht er als mögliche Folge.

Es ist eine Debatte, die uns sicher noch viele Jahre begleiten wird – auch in Hinsicht auf die Frage, wie das Experiment in Finnland ausgehen wird.

von Gerrit Wustmann

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