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Argumente für das Grundeinkommen
Das bedingungslose Grundeinkommen ist finanzierbar und wird früher oder später kommen – das sagen die Fürsprecher des Modells. Welche Argumente stützen ihre These? Und haben wir überhaupt eine andere Wahl?
von Gerrit Wustmann
Argumente für das Grundeinkommen
© Birgit Reitz-Hofmann / 123rf

Ein Drittel oder sogar die Hälfte aller heute noch existierenden Jobs wird mittel- bis langfristig aufgrund von Automatisierung und Digitalisierung entfallen – das sagen Arbeitsmarkt- und Zukunftsforscher voraus. Zwar werden zugleich auch neue Arbeitsplätze entstehen. Die meisten davon werden allerdings im hochqualifizierten Bereich angesiedelt sein. Wegfallen werden überwiegend einfache Arbeiten. Sobald das Autonome Fahrzeug sich durchsetzt, braucht man keine Taxi- und LKW-Fahrer mehr, Lokführer ließen sich heute schon einsparen. Im Supermarkt und Einzelhandel wird an der automatischen Kasse oder kontaktlos via App bezahlt. Die Regale räumen Roboter ein, ebenso wie in Großlagern keine menschlichen Arbeiter mehr nötig sein werden. Auch das Reinigungsgewerbe kann automatisiert werden. Auch die Müllabfuhr kann von Robotern erledigt werden, ebenso wie viele Arbeiten im Baugewerbe und im Handwerk.

Ein Drittel aller Jobs könnte wegfallen

Das sind nur ein paar der offensichtlichsten Beispiele. Und bei einigen ist der einzige Grund dafür, dass überhaupt noch Menschen beschäftigt werden, der, dass die Robotertechnik bislang noch zu teuer ist. Aber das wird sich in absehbarer Zeit ändern. Wenn aber mindestens ein Drittel der arbeitsfähigen Bürger am Arbeitsmarkt nicht mehr gebraucht wird, dann braucht es Lösungen, um eine gesellschaftliche Spaltung zu verhindern.

Das heißt: Wir benötigen für diese Menschen ein Auskommen, das ein gutes Leben ermöglicht, das also deutlich oberhalb des Existenzminimums liegt. Dafür sprechen nicht nur soziale Gründe, sondern auch die Tatsache, dass eine durch Automatisierung steigende Produktivität Abnehmer für ihre Produkte und Dienstleistungen braucht. Fällt ein Drittel davon aus, gerät die Binnenwirtschaft in eine kaum zu korrigierende Schieflage.

Grundeinkommen heute schon sinnvoll

Wir sehen also: In spätestens einige Jahrzehnten könnte das Grundeinkommen vom Wunsch zur Notwendigkeit werden. Heute ist das noch nicht der Fall. Trotzdem könnte ein Grundeinkommen bereits jetzt positive Auswirkungen für Arbeitnehmer und Arbeitslose haben. Rund zehn Millionen Menschen in Deutschland arbeiten im Niedriglohnsektor. Das bedeutet, dass sie nur den Mindestlohn oder wenig mehr verdienen. Weitere rund sieben Millionen Menschen beziehen ALG I oder ALG II oder andere Sozialleistungen. Im Niedriglohnsektor herrscht enormer Konkurrenzdruck. Die Betroffenen haben in der Regel kaum Sicherheiten und verdienen meist nicht genug Geld, um eine Familie zu ernähren.

Ein bedingungsloses Grundeinkommen könnte diesen Effekt abmildern. Wenn die Existenz gesichert ist, wenn also genug Geld für Wohnung, Ernährung, Kleidung vorhanden ist, sinkt der Druck, der auf Arbeitnehmern lastet. Sie wären freier in der Wahl ihrer Arbeit. Das könnte in bestimmten Bereichen für Lohnsteigerungen sorgen. Denn die Arbeitnehmer wären nicht mehr gezwungen, jede Arbeit zu jedem Lohn anzunehmen. Lohnsteigerungen hätten positive Effekte auf die Binnenwirtschaft und kämen auch den Steuer- und Sozialkassen zugute. Andererseits wäre es möglich, dass die durch ein Grundeinkommen abgesicherten Arbeitnehmer eher bereit wären, geringere Löhne zu akzeptieren, da der Lohn nicht mehr die Existenzgrundlage wäre. Das wiederum würde die Arbeitgeber freuen. Eine Balance beider Effekte wäre das Optimum, das durch die Setzung wirtschaftspolitischer Rahmenbedingungen zu erreichen wäre.

Positive Effekte auf Langzeitarbeitslose

Von Arbeitslosen würde der Druck genommen. Sie müssten sich nicht mehr der Durchleuchtung und den Sanktionsdrohungen der Ämter beugen. Es ist anzunehmen, dass dies einen positiven Effekt auf ihre Eingliederung in den Arbeitsmarkt hätte. Denn die Idee, das möglichst großer Druck an dieses Ziel führt, ist zum einen seit Jahren widerlegt, zum anderen geht sie von einer falschen Grundannahme aus, indem sie psychologische Dynamiken ignoriert. Denn Druck hat nur bis zu einem gewissen Grad einen positiven, motivierenden Effekt. Auf Dauer lähmt er, führt nachweislich zu Depression und Lethargie. Die Menschen landen fast automatisch in einer Sackgasse – was auch ein Erklärungsansatz für die Tatsache ist, dass sich an der konstanten Zahl von rund einer Million Langzeitarbeitslosen nichts ändert. Wird das Existenzminimum hingegen bedingungslos garantiert, dann entsteht eine größere Wahl- und Entscheidungsfreiheit für die Betroffenen. Aus Druck wird Motivation. Der negative wird zu einem positiven psychologischen Effekt.

von Gerrit Wustmann

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