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Arbeitslosenversicherung für Selbstständige

von gerrit.wustmann
Wenn Selbständigen die Aufträge ausgehen, haben sie ein Problem. Denn die meisten sind nicht gegen Arbeitslosigkeit versichert und viele haben nur geringe Rücklagen. Welche Möglichkeiten zur Absicherung gibt es? Und für wen sind sie geeignet?
Arbeitslosenversicherung für Selbstständige
Die Beiträge für die Arbeitslosenversicherung gehen an die Bundesagentur für Arbeit.Foto: StGrafix / iStock

Eines wurde in der Corona-Krise sehr deutlich: Während Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld erhalten oder bei Jobverlust Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben, haben Selbstständige und insbesondere Soloselbstständige und Freiberufler keine Absicherung. In der Regel sind sie nicht gegen Arbeitslosigkeit versichert.

Der Großteil der Soforthilfen von Bund und Ländern darf nur zur Deckung von Betriebsausgaben verwendet werden. Aber nicht für die persönliche Lebenshaltung. Wer in einer solchen Situation keine ausreichenden Rücklagen hat, dem bleibt nur das Arbeitslosengeld II. Er fällt von einem auf den anderen Tag auf das Existenzminimum. Auch der im Zuge der Pandemie erleichterte Zugang zum ALG II für Selbstständige und Künstler ist da nur ein schwacher Trost.

Absicherung existentiell für Selbstständige

Für viele Betroffene ist stellt sich daher die Frage, wie sie sich für den Fall einer solchen Krise absichern können. Doch welche Möglichkeiten gibt es für Selbstständige, dem massiven Verlust von Aufträgen vorzubeugen? Kann man sich überhaupt freiwillig gegen Arbeitslosigkeit versichern und rechnet sich das?

Grundsätzlich können Selbstständige bei der Arbeitsagentur einen Antrag auf Aufnahme in die gesetzliche Arbeitslosenversicherung stellen. Allerdings nur unter bestimmten Bedingungen.

Arbeitslosenversicherung in der Gründungsphase

Der erste Haken ergibt sich bereits aus der knappen Entscheidungsfrist. Denn die freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung steht Selbstständigen nur in der ersten drei Monaten der Gründungsphase zur Verfügung. Das heißt: Selbstständige, die ihren Beruf bereits länger oder gar schon seit Jahren ausüben sind außen vor.

Und auch zum Zeitpunkt der Gründung gibt es weitere Voraussetzungen. So kann nur derjenige in die Versicherung kommen, der in den drei Jahren zuvor mindestens zwölf Monate einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen ist oder bereits Arbeitslosengeld I oder II bezogen hat. Das heißt: Wer sich direkt nach Schule oder Uni selbständig macht, wird nicht versichert.

Das bringt einige Schwierigkeiten mit sich. Zum einen muss man diese Regeln kennen – und in der Phase der Unternehmensgründung kann es durchaus vorkommen, dass einem etwas entgeht, denn es ist eine Menge, worauf man achten muss. Wer sich minimal verspätet, hat keine Chance mehr auf den Abschluss einer freiwilligen Arbeitslosenversicherung für Selbständige.

Hohe Versicherungskosten

Der nächste Haken sind die Kosten. Sie sind auch der maßgebliche Grund dafür, dass nur ein relativ kleiner Teil der kleinen Selbstständigen, insbesondere der Soloselbstständigen, freiwillig versichert ist. Denn der monatliche Versicherungsbeitrag bemisst sich nicht, wie bei Arbeitnehmern, am tatsächlichen Einkommen. Sondern an einem fiktiven monatlichen Bruttoeinkommen von 3.290 Euro in Westdeutschland bzw. 3.150 Euro in Ostdeutschland. Diese Zahlen entsprechen dem Stand von 2020 und können sich jederzeit ändern. In den letzten Jahren wurden sie mehrfach angehoben.

Der Beitragsanteil zur Arbeitslosenversicherung beträgt 2,4 % dieses fiktiven Bruttoeinkommens pro Monat, also aktuell 78,96 Euro im Westen und 75,60 Euro im Osten. Da Gründerinnen und Gründer in der Regel erstmal viel Geld investieren aber nur wenig Geld verdienen, müssen sie in den ersten beiden Jahren nach der Gründung einen verminderten Satz zahlen. Dieser beträgt pro Monat nur die Hälfte des regulären Beitrags, aktuell 39,48 Euro bzw. 37,80 Euro (Stand 2022). Gezahlt werden die Beiträge an die Bundesagentur für Arbeit.

Versicherung in der Gründungsphase

Dieser niedrige Betrag kann in der Gründungsphase tatsächlich nach einer kostengünstigen Absicherung aussehen. Doch viele Gründerinnen und Gründer brauchen deutlich länger als ein Jahr, bis sie ein ordentliches und einigermaßen sicheres Einkommen erzielen. Und nur wenige kommen rasch oder gar dauerhaft auf ein regelmäßiges Einkommen von mehr als 3.000 Euro.

Das heißt: Verdient man über mehrere Jahre deutlich weniger, dann ist der Beitragssatz unverhältnismäßig hoch und kann ein schmerzhaftes Loch in die Kasse reißen. Die Versicherung in so einem Fall einfach zu kündigen, ist allerdings nicht ohne Weiteres möglich. Denn rein formal kommt man da frühestens nach fünf Jahren wieder raus, und der vorzeitige Ausstieg ist kompliziert und nicht immer möglich. Es sei denn, man gibt seine Selbständigkeit wieder auf.

FAQ

Eine Arbeitslosenversicherung ist für Selbstständige nicht gesetzlich vorgeschrieben. Dennoch kann es sinnvoll sein, eine solche Versicherung freiwillig abzuschließen, um bei Eintritt der Arbeitslosigkeit nicht direkt in Arbeitslosengeld II hineinzurutschen.

Berechtigt zum Abschluss einer freiwilligen Arbeitslosenversicherung sind alle, die eine selbstständige Tätigkeit ausüben und eine Arbeitsumfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich haben. Außerdem müssen Antragsteller in den 24 Monaten vor der Selbstständigkeit entweder pflichtversichert gewesen sein (indem sie in einem Arbeitsverhältnis standen) oder Entgeltersatzleistungen nach dem SBG III (Sozialgesetzbuch) bezogen haben. Möglich ist die Beantragung einer freiwilligen Arbeitslosenversicherung auch, wenn man im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme beschäftigt war, durch die der Bezug einer Entgeltersatzleistung oder ein Versicherungspflichtverhältnis unterbrochen wurde.

Wichtig ist auch, dass die Selbstständigkeit spätestens nach einem Monat Pause nach einem Arbeitsverhältnis oder dem Bezug einer Entgeltersatzleistung aufgenommen wurde. Ebenso darf keine anderweitige Versicherungspflicht bestehen sowie keine Versicherungsfreiheit.

Der Antrag auf eine freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbstständige muss innerhalb der ersten drei Monate der Selbstständigkeit gestellt werden. Zu einem späteren Zeitpunkt ist keine Antragstellung mehr möglich.

Die Kündigung einer Arbeitslosenversicherung ist erst nach dem Ablauf eines Zeitraums von fünf Jahren möglich. Die Frist für die Kündigung beträgt drei Monate zum Ende eine Kalendermonats.

In den ersten beiden Versicherungsjahren bzw. den ersten beiden Jahren nach der Gründung liegen die Gebühren für die Versicherung bei 39,48 Euro in Westdeutschland und 37,80 Euro in Ostdeutschland. In den Folgejahren steigen die Beiträge auf 78,96 Euro (West) und 75,60 Euro (Ost) pro Monat.

Gezahlt werden die Versicherungskosten entweder monatlich oder als Jahresgesamtzahlung. Für den Antrag selbst entstehen keine Kosten.

Die Höhe des Arbeitslosengeldes berechnet sich nach einem fiktiven Arbeitsentgelt, sofern in den letzten zwei Jahren vor Beginn der Arbeitslosigkeit nicht an mindestens 150 Tagen ein Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Anstellung verdient wurde. Wie hoch das fiktive Entgelt ausfällt, ist abhängig von der Qualifikationsgruppe, der man zugeordnet wird:

  • Qualifikationsgruppe 1: 1.698,60 Euro – entspricht einer Hoch- bzw. Fachhochschulausbildung
  • Qualifikationsgruppe 2: 1.464,60 Euro – entspricht einer Fachhochschule bzw. einem Meister
  • Qualifikationsgruppe 3: 1.221,90 Euro – entspricht einem abgeschlossenen Ausbildungsberuf
  • Qualifikationsgruppe 4: 947,40 Euro – wenn keine Ausbildung vorliegt

Wie lange Sie Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, ist abhängig von der Dauer des Versicherungsverhältnisses. Bestand die Versicherung für mindestens 12 Monate, erhalten Sie sechs Monate lang Arbeitslosengeld, mit steigender Versicherungsdauer, steigt auch die Zeit, in der Sie das Arbeitslosengeld. Darüber hinaus ist die Höhe des Arbeitslosengeldes auch vom Lebensalter abhängig.

Hohe Beiträge, geringer Nutzen

Doch nicht nur die Beiträge richten sich an fiktiven und für viele Soloselbstständige völlig unrealistischen Werten aus – sondern auch die Leistungen, die bei Eintritt der Arbeitslosigkeit gezahlt werden. Diese haben rein gar nichts mit der tatsächlichen Tätigkeit oder dem tatsächlichen Einkommen zu tun. Und das obwohl es anhand der Steuerbescheide problemlos möglich wäre, ein durchschnittliches Monatsbrutto der letzten Beschäftigungsjahre zu ermitteln.

Stattdessen wird die Höhe ziemlich willkürlich am Ausbildungsstand des Versicherten festgemacht und rangiert zwischen 947,40 Euro (keine Ausbildung) und maximal 1.698,60 Euro (Hoch-/Fachhochschule). Das bedeutet für Versicherte ohne Ausbildung, dass der Satz, den sie einzahlen müssen, sich an deutlich höheren Werten orientiert als der, der ihnen im Fall der Erwerbslosigkeit ausgezahlt wird.

Dringender Nachbesserungsbedarf

Hier besteht dringender Nachbesserungsbedarf seitens des Gesetzgebers. Denn eine Reform, die sich am tatsächlichen Einkommen orientiert würde nicht nur drastische Ungerechtigkeiten beseitigen, sondern könnte auch dazu führen, dass wesentlich mehr Gründerinnen eine freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbstständige abschließen würden – was für den Staat unterm Strich deutlich günstiger wäre. Denn aktuell fallen nicht versicherte Selbstständige bei Erwerbslosigkeit ohne Umweg auf das ALG II (‚Hartz IV‘).

Gründer sollten nach aktueller Lage sehr genau überlegen, ob sich die Versicherung für sie lohnt. Auf der untersten Stufe (ohne Ausbildung) lohnt sie sich definitiv nicht. Denn vergleichsweise hohen Kosten steht eine Leistung gegenüber, die sich in etwa auf Höhe der Grundsicherung bewegt – und darauf haben Selbstständige ohnehin einen Anspruch.

Sinnvoll ist die Versicherung zur Zeit (Stand 2022) im Grunde nur für Selbstständige mit Hochschulabschluss, die vergleichsweise gut verdienen und sich die Beiträge auch langfristig problemlos leisten können.

Über den Autor
gerrit.wustmann
Gerrit Wustmann hat Orientalistik, Geschichte und Politologie in Köln und Bonn studiert. Er ist freier Schriftsteller und Journalist, lebt in Köln und Istanbul und arbeitet für Verlage, Redaktionen, Agenturen. Seit Frühjahr 2013 ist er im Team der qmedia GmbH.